Liebe Frau Botschafterin Klose-Dahlmann, Sie sind als Berufspatin bei Berliner Schulpate aktiv. Was hat Sie damals bewogen, diese Idee zu unterstützen?

Der Beruf des Täschners bzw. der Täschnerin ist ein aussterbendes Handwerk. Es gibt in Berlin mit uns gerade einmal noch zwei Betriebe, die in diesem Beruf ausbilden. Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen ist dieser Beruf meist gar nicht mehr bekannt. Aber der Grundstein für das Interesse an einen Beruf wird bei den Kindern gelegt, indem ein Wissen und Bewusstsein über diesen Beruf geschaffen wird. Kinder sind noch offen für Unbekanntes. Bei jungen Erwachsenen ist es oftmals schon zu spät, um noch Interesse dafür zu wecken.

Was halten Sie von dem Konzept, bereits Grundschulkindern ab der fünften Klasse Berufsbilder vorzustellen? Manche halten das für zu früh.

Ich würde sogar noch früher anfangen. Am besten schon in der ersten Klasse. Das Interesse mit Werkstoffen und Werkzeugen umzugehen ist bei Kindern natürlich gegeben. In der Kita wird noch viel gebastelt und gewerkelt. Im Laufe der Schulzeit tritt das dann zunehmend in den Hintergrund. Dabei muss den Kindern das praktische Arbeiten kontinuierlich weitervermittelt werden, um das Interesse am Handwerk zu erhalten. Die Kinder können oftmals nicht einmal mehr vernünftig mit einer Schere umgehen und sind sehr unbeholfen. Gleichzeitig sind sie sehr begeistert, wenn sie dann hier bei uns selbst etwas herstellen dürfen und unheimlich stolz auf das, was sie mit ihren eigenen Händen produziert haben.

Welche Voraussetzungen sollten Jugendliche mitbringen, die sich für eine Ausbildung als Täschner*in interessieren?

Die Grundlage ist leidenschaftliches Interesse und Ausdauer. Im Handwerk zählt auf dem Weg zur Perfektion und zum Erfolg die Wiederholung. Wenn man dann aus einer Idee ein physisches Produkt erzeugt, verschafft das eine hohe Befriedigung. Und es gibt keine Routine Jedes Stück das wir bearbeiten ist anders. Es ist also auch ein hohes Maß an Kreativität und Kopfarbeit gefragt.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

Das Unmögliche möglich zu machen. Wenn Kund*innen verzweifelt zu uns kommen, weil niemand bisher ihre geliebte Tasche oder Koffer fachgerecht aufarbeiten konnte oder eine besondere Vorstellung von einer Tasche haben und diese nirgends finden, dann ist das unser größter Ansporn.

Der Beruf der/des Täschner*in ist ein eher seltener Beruf. Ist Ihr Engagement bei Berliner Schulpate ein Teil Ihrer Strategie zur Nachwuchs-Akquise?

Auf jeden Fall. Ich möchte nicht irgendwann meine Manufaktur zuschließen und das war’s dann. Ich möchte meine Leidenschaft und meine Überzeugung für dieses Handwerk an junge Menschen weitergeben, damit dieser wunderbare Beruf nicht ausstirbt. Denn damit würde auch ein ganzer Wissensschatz nach und nach einfach verschwinden.

Sie als unsere „Botschafterin“ heute, was denken Sie, braucht das Berliner Handwerk, damit es mit dem „Nachwuchs“ klappt, Azubis sich für Berufe interessieren und eine Ausbildung erfolgreich abschließen?

Die Offenheit von Kindern nutzen und Angebote schaffen, die einen spielerischen und praxisorientierten Kontakt mit handwerklichem Arbeiten ermöglichen – am besten vom Kindergarten an kontinuierlich durch die gesamte Schulzeit hindurch. Aber auch in der Gesellschaft muss sich wieder eine Wertschätzung für das Handwerk entwickeln. Bei den meisten Menschen besteht gar kein Bewusstsein mehr über das Können und den Aufwand handwerklicher Arbeit. Durch die massenhaften Billigproduktionen hat eine richtige Entfremdung stattgefunden. Mehr Wertschätzung, die sich auch in einer entsprechenden Bezahlung ausdrückt, würde handwerkliche Berufe auch wieder attraktiver machen.

 

Constance S. Klose-Dahlmann ist die Gründerin und Geschäftsführerin von Unikat Taschenmanufaktur. Der Handwerksbetrieb steht für professionelles Lederhandwerk, höchste Präzision und einen Rundum-Kundenservice. Das Team fertigt alle Produkte in traditioneller Verarbeitungstechnik von Hand. Frau Klose-Dahlmann freut sich über die regelmäßigen Besuche der Grundschulkinder in ihrer Werkstatt.