Lieber Herr Botschafter Krebs, Sie sind als Berufspate bei Berliner Schulpate aktiv. Was hat Sie damals bewogen, diese Idee zu unterstützen?
Zuerst vielen Dank, dass Sie mich gefragt haben, ob ich Botschafter des Berliner Schulpaten sein möchte. Ich fühle mich geehrt.
Auf der Suche nach einem Projekt in dem ich mich engagieren wollte, bin ich im Internet auf Berliner Schulpate gestoßen. Es war damals einfach genau die richtige Idee, passend zu meiner Überzeugung, Kindern schon sehr früh vorzuleben, dass es viele verschiedene Berufe gibt und dass es Spaß machen kann, arbeiten zu gehen, Kolleg*innen zu haben und natürlich Geld zu verdienen.
Die ersten konkreten Gespräche hatten wir Ende 2018 und Anfang 2019 legten wir bereits aktiv los. Mich haben von Anfang an das Konzept und das Engagement der Beteiligten fasziniert.

Was halten Sie von dem Konzept, bereits Grundschulkindern ab der fünften Klasse Berufsbilder vorzustellen? Manche finden das zu früh.
Ich bin der Meinung, dass es gar nicht früh genug anfangen kann. Von mir aus könnten schon in der Kita Berufe vorgestellt werden. In der ehemaligen DDR, dort bin ich aufgewachsen, hatten wir in den ersten Schuljahren eine Patenbrigade. Das fand ich ganz gut. Unsere Kinder müssen allmählich und kontinuierlich auf das Arbeitsleben vorbereitet und nicht erst in der 8./9. Klasse abrupt vor die Berufswahl gestellt werden. Das ist aus meiner Sicht viel zu spät. Außerdem sind Jugendliche in dem Alter aufgrund der Pubertät oft schwer zu erreichen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den „Kleinen“ in den Berufe-Stunden und Betriebsbesuchen gemacht?
Sehr positive! Die Kinder sind so begeisterungsfähig und neugierig und freuen sich über die Einblicke in eine spannende Arbeitswelt. Sie haben noch wenige Vorurteile und nach den Betriebsbesichtigungen und dem Bauen eines kleinen Gerüstes will der eine oder die andere, zumindest für den Moment, später mal Gerüstbauer*in werden. Ich bin ja schon zufrieden, wenn die Kinder gelernt haben, dass es den Beruf des Gerüstbauers überhaupt gibt. Wenn sie dann in der Stadt irgendwo ein Gerüst stehen sehen, nehmen sie das ganz anders wahr.

Wie steht es um das Image des Berufes Gerüstbauer*in? Haben andere Menschen Vorstellungen von Ihrem Beruf, die der Realität nicht entsprechen? Stichwort Vorurteile?
Die Meinung ist sehr durchwachsen. Unsere Branche durchlebte in den letzten 20 Jahren einen kompletten Wandel. Seit Mitte der 90er ist Gerüstbau ein Ausbildungsberuf und 1998 wurde das Gewerk in die Handwerksrolle Anlage A (Meisterpflicht) aufgenommen. Während uns einige noch als groß, stark und blöd abstempeln, haben andere erkannt, dass es bei weitem nicht mehr so ist. Der Beruf ist durch komplexe Architekturen und eine stark wachsende Geschwindigkeit beim Bauen anspruchsvoller geworden. Das Interesse unter Jugendlichen am Beruf des Gerüstbauers steigt. Ich bekomme derzeit mehr Anfragen nach einem Ausbildungsplatz, als ich bedienen kann.

Ist Ihr Engagement bei Berliner Schulpate ein Teil Ihrer Strategie zur Nachwuchs-Akquise und Ihr Beitrag, das Image der Gerüstbauer in ein positives Licht zu rücken?
Ja. Die Unterstützung des Berliner Schulpaten ist, neben Berufe-Tagen für Oberschulen, Auftritte bei Jugendveranstaltungen und einer Kooperation mit der George-Orwell-Schule in Lichtenberg, ein elementarer Pfeiler in unserem Nachwuchskonzept. Mir ist es wichtig und ich will aktiv dazu beizutragen, dass gute Fachkräfte in meiner Branche ausgebildet werden. Dafür brauchen wir wache, fitte junge Menschen. Um diese zu erreichen und zu interessieren, müssen wir gemeinsam weiter an einem Imagewandel für den Beruf des Gerüstbauers arbeiten und früh an die Kinder herantreten.

Sie als unser „Botschafter“ heute, was denken Sie, braucht das Berliner Handwerk, damit es mit dem „Nachwuchs“ klappt, Azubis für einen Beruf interessiert und eine Ausbildung erfolgreich abschließen können?
Wir brauchen in meiner Branche, und im Handwerk generell, Einigkeit und neues Denken. Alte Zöpfe müssen abgeschnitten werden und wir müssen lernen unsere Energie, die wir derzeit in Insellösungen stecken, zu bündeln. Wir sollten uns sinnvoll vernetzen und ergänzen. Dann haben wir gute Chancen, unsere Jugendlichen viel besser und gezielter zu erreichen. Auch wenn die Konkurrenz durch Polizei, Bundeswehr, öffentlichen Dienst und Industrie groß ist. Berufe im Handwerk sind Berufe mit Zukunft.

 

Andreas Krebs, seit 2016 Geschäftsführer des Gerüstbauunternehmens MODULE Spezial-Gerüstbau GmbH.