Liebe Frau Botschafterin Wöttke, die Berliner Seilfabrik engagiert sich bereits seit 2015 bei Berliner Schulpate. Warum unterstützen Sie diese Idee?

Die Produkte der Berliner Seilfabrik sind ausgesprochen positiv behaftet. Ich kenne wenige Menschen, die das Gegenteil behaupten würden. Ich finde den Gedanken spannend, dass man mit ihnen weit mehr als Spiel und Spaß verbinden kann. Sie laden dazu ein, mutig zu sein, sich etwas zu wagen, Lösungen zu finden, um ganz weit hoch hinaus zu klettern und die eigenen Grenzen auszutesten. Diese Neugier, dieser Ansporn steckt auch in unseren Mitarbeiter:innen. Jede/ jeder der bei uns Spielgeräte plant, verkauft, baut, verpackt, etc., möchte ein Stück dieser Unternehmens-DNA weitergeben. Das erreichen wir bei Kindern natürlich am besten. Deshalb finden wir Berliner Schulpate mit ihrem Programm „Abenteuer Beruf“ so spannend und für uns zielführend. Wir wollen dazu beitragen, dass Kinder sich für etwas begeistern, neugierig bleiben – und nebenbei die Berufe, die es in unserem Unternehmen gibt, kennenlernen.

 

Was halten Sie von dem Konzept, bereits Grundschulkindern ab der vierten Klasse Berufsbilder vorzustellen? Manche halten das für zu früh. Die meisten Maßnahmen setzen später an.

Ich finde es großartig bereits in den 4. Klassen damit zu beginnen, Kindern unterschiedliche Berufsbilder vorzustellen. Mein Sohn ist im gleichen Alter, so dass ich mich hier sehr gut hineinversetzen kann. Viele Kinder kennen nur die Berufe ihrer Eltern, Großeltern oder älteren Geschwister und eifern diesen oft viel zu schnell nach. Vielleicht entsprechen diese Berufe aber nicht ihren eigenen Begabungen, Kompetenzen und Leidenschaften. Also ist es wichtig, die Kinder früh abzuholen und ihnen weitere Einblicke in andere Berufsfelder zu ermöglichen, um somit ihren Horizont zu erweitern.

 

Berliner Seilfabrik baut Spielgeräte. Ist der Name Seilfabrik nicht irreführend?

Tatsächlich produzieren wir unser Seil für die Weiterverarbeitung selbst. Die Wurzeln der Berliner Seilfabrik liegen in der 1865 gegründeten Seilfertigungsstätte für die Berliner Aufzugsindustrie. Heutzutage entwickeln wir Spielgeräte nach Kundenwünschen und haben seit jeher unsere hauseigene Seilerei. In der Seilkonfektionierung werden die Seile per Hand zu Raum- und Flächennetzen zusammengefügt.

 

Sie sind ein weltweit agierendes Unternehmen. Gibt es für die unterschiedlichen Märkte unterschiedliche Spielgerätevorlieben?

Unsere Kund:innen kommen mit ihren Wünschen und Vorstellungen auf uns zu, wir greifen sie auf und setzen diese entsprechend um. Dabei haben unterschiedliche Märkte teilweise unterschiedliche Normen. In Amerika gelten beispielsweise andere Normen, als bei uns in Deutschland. Für den amerikanischen Markt werden daher manchmal Anpassungen an den Geräten vorgenommen. Bezüglich der Wünsche oder den Anforderungen an die Spielgeräte gibt es allerdings keine großen Unterschiede.

 

Welche Berufe gibt es in Ihrem Unternehmen?

Bei der Berliner Seilfabrik gibt es eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Berufsgruppen.  In den Abteilungen Vertrieb, Einkauf, Qualitätswesen, Marketing, Personal, Buchhaltung und Finanzwesen lassen sich zahlreiche kaufmännische Berufe aufzählen. In den Bereichen Konstruktion & Entwicklung sowie der Arbeitsvorbereitung sind neben Architekt:innen, Landschaftsplaner:innen auch viele Kolleg:innen mit einem sehr technischen Ausbildungshintergrund oder einem entsprechenden Studium tätig.

Im gewerblichen Bereich gibt es keinen klassischen Ausbildungsberuf. Viele unserer Mitarbeiter sind angelernte Fachkräfte wie z.B. Industriemechaniker, Maschinenbediener, Maler oder auch Schweißer. Auch zahlreiche Quereinsteiger aus ganz anderen Fachbereichen kommen bei uns zum Einsatz. Ich gendere hier bewusst nicht, da wir im gewerblichen Bereich aktuell leider keine Frau beschäftigen.

 

Bilden Sie aus?

Ja, aktuell durchlaufen 4 junge Menschen ihre Ausbildung bei uns. Wir bilden aktuell eine Industriekauffrau, einen Instandhaltungsmechaniker und zwei Konstruktionsmechaniker aus.

Für das neue Ausbildungsjahr 2023/24 suchen wir noch eine/n Konstruktionsmechaniker:in sowie Zerspanungsmechaniker: in.

Eine sehr gute Möglichkeit um Auszubildende in Einsatz zu bringen, ist unter anderem die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit. Sie unterstützt uns im Rahmen der Einstiegsqualifizierung und bietet Kandidat*innen die Möglichkeit, auch nach dem regulären Ausbildungsstart im Herbst, einen vorzeitigen Einstieg in die Ausbildung. Wir bezeichnen es gerne als Ausbildungsjahr „null“. Sie können bei uns ein halbes Jahr vor der eigentlichen Ausbildung starten, besuchen die Berufsschule und probieren sich praktisch aus, ob der Beruf etwas für sie wäre. Wenn beide nach dieser Zeit „ja“ zueinander sagen, beginnt die eigentliche Ausbildung.

 

Ist Ihr Engagement bei Berliner Schulpate ein Teil Ihrer Strategie zur Nachwuchs-Akquise?

Definitiv. Wir fangen mit unserer Investition in den Nachwuchs schon in den Grundschulen an. Dort versuchen wir kleine Samen zu säen und Interesse an unserem Unternehmen zu wecken. Aber natürlich nutzen wir, um später Jugendliche zu gewinnen, auch andere Möglichkeiten. Vor einigen Jahren hatten wir zum Beispiel das Problem, gut ausgebildete Schweißer:innen zu rekrutieren. Also begannen wir ernsthaft über das Thema Ausbildung in diesem Bereich nachzudenken. Eine Lösung war und ist, mit einem starken Verbundpartner zusammenzuarbeiten. Durch die Verbundausbildung werden die Auszubildenden genau auf den Stand gebracht, den wir in der Praxis benötigen. Die Auszubildenen lernen im ersten Jahr die Grundtechniken des Feilens, Drehens und Fräsens und wechseln danach zu uns, ihrem Ausbildungsbetrieb. Ziel sollte es immer sein, entsprechend der Personalstrategie auszubilden, um die Auszubildenen auch übernehmen zu können. Es würde mir das Herz brechen, wenn ich meinen Auszubildenen nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung auf Wiedersehen sagen müsste. Diesen Aspekt berücksichtigen wir daher immer auch in unserer Personalplanung.

 

Sie als unsere „Botschafterin“ heute, was denken Sie, braucht Berlin, damit es mit dem „Nachwuchs“ klappt, Auszubildenen sich für Berufe interessieren und eine Ausbildung erfolgreich abschließen?

Ich denke, Berliner Unternehmen sollten sich mehr öffnen. Berlin braucht Unternehmen, die den Schulen, Lehrer:innen und auch den Eltern offen und auf Augenhöhe gegenüberstehen und in den gemeinsamen Austausch gehen. Zudem werden Unternehmens-Netzwerke benötigt, die innerhalb eines Bezirks, aber auch außerhalb des eigenen Bezirks, agieren. Es braucht weiterhin Events wie „Die lange Nacht der Industrie“, die Girls´ und Boys´ Days, Tage der offenen Tür oder Sommerfeste für Family & Friends, um Interessierte zusammen zu bringen. Auf diesen Veranstaltungen können wir sowohl Eltern als auch Kinder auf unsere Berufe aufmerksam machen, sie dafür begeistern und sie animieren, Neues auszuprobieren und z.B. ein Praktikum zu absolvieren.

Es ist eine große Verantwortung, Jugendliche auszubilden. Junge Heranwachsende sollte man sorgfältig anleiten und betreuen. Unsere Personalmarketing-Strategie lautet: Wir fangen in der Grundschule bei den Kleinen, zusammen mit Berliner Schulpate an, zeigen Präsenz in den weiterführenden Schulen sowie auf Veranstaltungen und freuen uns, wenn sich junge Menschen auch später an uns erinnern, Kontakt aufnehmen und bei der Berliner Seilfabrik als festangestellte/r Mitarbeiter:in tätig werden.

Das Interview führte Petra Wermke von Berliner Schulpate.