Lieber Herr Botschafter Berg, Sie sind als Berufspate bei Berliner Schulpate aktiv. Was hat Sie damals bewogen, diese Idee zu unterstützen?

Ich weiß nicht mehr genau, wie ich über Berliner Schulpate gestolpert bin. Das war irgendein zufälliger Kontakt. Ich fand damals und finde es auch noch heute, dass Berliner Schulpate eine sinnvolle, spannende und unterstützenswerte Initiative ist.
Kennen Sie die Bahnhofsmission Zoologischer Garten? Dort arbeite ich ehrenamtlich. Ein krasser Gegensatz zu meinem Job als Hoteldirektor eines 4-Sterne Hotels. In der Bahnhofsmission geht es existentiell zu, während ich mich als Hoteldirektor eher um Luxusprobleme zu kümmern habe. Vielleicht ist es etwas weit hergeholt, aber wenn ich in den Berufe-Stunden bin, will ich den Kindern vermitteln, dass es wichtig ist, eine vernünftige Schulausbildung zu haben, einen Beruf zu erlernen und zu arbeiten. Das sind gute Voraussetzungen dafür, nicht in Arbeitslosigkeit oder Obdachlosigkeit zu geraten.

Was halten Sie von dem Konzept, bereits Grundschulkindern ab der vierten/ fünften Klasse Berufsbilder vorzustellen? Manche halten das für zu früh.

Ich halte es nicht für zu früh. Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, Kindern Berufsbilder vorzustellen und ihnen etwas zu vermitteln, was sie von zu Hause vielleicht nicht kennen. Je länger man damit wartet, umso tiefer können sich gewisse Bilder verfestigen, die heutzutage stark durch die diversen Social Media-Plattformen geprägt werden. Viele wollen Blogger oder YouTube-Star werden. Sie glauben ernsthaft, dass sie keine Ausbildung brauchen.
Etwas schockiert war ich in meinem ersten Termin als Berufspate. Die Kinder wurden gefragt, was es denn heißt, arbeiten zu gehen. Ein Kind antwortete, und ich weiß es noch wie heute: „Das Geld kommt vom Amt. Arbeiten ist, wenn man da hingehen muss.“

Welche Erfahrungen haben Sie mit den „Kleinen“ in den Berufe-Stunden gemacht?

Die Kinder sind mehrheitlich sehr neugierig, interessiert, hören zu und machen mit. Ich bin immer wieder positiv überrascht. In den Berufe-Stunden zeige ich den Kindern zum Beispiel, wie man ein Tablett trägt, einen Tisch eindeckt und wie man Servietten bricht. Mein Learning: möglichst wenig erzählen, sondern die Kinder machen lassen.
Oft – und das finde ich wirklich das Schöne dabei – sagen Kinder, dass sie das jetzt für Mama und Papa auch mal machen wollen. Ein klitzekleiner Beitrag dazu, dass Familien ab und zu gemeinsam am schön gedeckten Tisch sitzen, weil die Kinder ihn eingedeckt haben.

Welche Berufe gibt es in Ihrem Hotel und welche Voraussetzungen sollten Jugendliche mitbringen, um bei Ihnen einen Ausbildungsplatz zu erhalten?

Wir bilden hier ganz klassisch Hotelfachfrauen und Hotelfachmänner aus. Junge Menschen, die hier bei uns im Hotel arbeiten möchten, sollten offen, freundlich und sehr tolerant sein. Auch auf gute Umgangsformen, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit lege ich großen Wert.

Ist Ihr Engagement bei Berliner Schulpate Teil Ihrer Strategie zur Nachwuchs-Akquise?

Ja, das ist ein Punkt. Und ganz uneigennützig ist mein Engagement bei Berliner Schulpate, ehrlich gesagt, nicht. Muss es ja auch nicht. Unsere Branche hat stark mit Nachwuchsmangel zu kämpfen. Viele Ausbildungsplätze blieben 2019 unbesetzt und auch 2020 gestaltet sich, aufgrund der besonderen Situation, schwierig. Keiner weiß zum jetzigen Zeitpunkt, wohin die Reise gehen wird. Ich persönlich rechne mit eher düsteren Aussichten für die Hotellerie. Deshalb nutze ich alle Möglichkeiten, um auf unseren tollen Beruf aufmerksam zu machen.

Sie als unser „Botschafter“ heute, was denken Sie, braucht Berlin, damit es mit dem „Nachwuchs“ klappt, Azubis sich für einen Beruf interessieren und eine Ausbildung erfolgreich abschließen können?

Schwierige Fragen, die irgendwie aber auch einfach zu beantworten sind: Damit es mit dem „Nachwuchs“ klappt, brauchen wir unbedingt moderne, bestens ausgestattete Schulen und ein zeitgemäßes Lernumfeld. Das ist eine tragende Säule. Der Zustand vieler Schulen ist einfach erschreckend. Ich stelle mir vor, wie es den Lehrer*innen und Schüler*innen wohl gehen mag, wenn sie in einem maroden Schulgebäude, an dem seit Jahren nichts gemacht wurde und das obendrein schlecht ausgestattet ist, zusammen lernen müssen? Da ist meines Erachtens erfolgreiches Lernen fast zum Scheitern verurteilt.
Mich persönlich beschämt übrigens dieser Zustand, insbesondere wenn ich mir überlege, in welchem Land wir leben. Wir haben eine enorme Wirtschaftskraft, erfreulicherweise ist viel Geld da, das sehen wir jetzt in der Corona-Zeit. Warum wird nicht intensiv in unsere Schulen investiert? Und auch in die Lehrkräfte? Sie sollten sicher mit den neuen Medien, Online-Unterrichts-Methoden und Lernprogrammen umgehen können. Denn die Digitalisierung wird weiter voranschreiten. Da führt kein Weg dran vorbei.

 

Holger Berg ist Hoteldirektor des Mercure Hotel Wittenbergplatz. Berlin liebt die Mode und das gilt auch für das Mercure Hotel. Das Thema „Fashion“ zieht sich als roter Faden durch das Hotel. Eine entspannte Atmosphäre, die außergewöhnliche Lobby mit Cocktail-Bar und 183 geschmackvoll eingerichtete Zimmer laden die Gäste zum sich Wohlfühlen ein.