Botschafter des Monats März: Mario Wodara, Geschäftsführer Gebäudeservice Wodara GmbH
Lieber Herr Botschafter Wodara, Sie sind als Berufspate bei Berliner Schulpate aktiv. Was hat Sie damals bewogen, diese Idee zu unterstützen?
Mir liegt die Ausbildung junger Menschen sehr am Herzen. Ich war selber mal jung, habe mit 16 Jahren eine Ausbildung als Gießereimodellbauer absolviert, aber ich merkte schnell, dass das eigentlich nicht meins war. Trotzdem habe ich mich durchgekämpft, stehe heute hier und bin der Meinung, dass man der Gesellschaft etwas zurückgeben sollte, und seien es Ausbildungsplätze für junge Menschen.
Das Programm „Abenteuer Beruf“ von Berliner Schulpate passte damals und passt auch heute in meine Philosophie, Kindern und Jugendlichen früh Berufe vorzustellen, damit sie Entscheidungsmöglichkeiten haben, aber auch, weil die Bewerber*innenzahlen für die Ausbildungsstellen, die ich anbiete, in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen sind und wir Mühe haben, unsere Ausbildungsplätze zu besetzen.
Was halten Sie von dem Konzept, bereits Grundschulkindern ab der vierten/ fünften Klasse Berufsbilder vorzustellen? Manche halten das für zu früh.
Also – ehrliche Antwort – im ersten Moment habe ich tatsächlich gedacht, die Kinder sind viel zu jung, was soll das denn? Aber dann habe ich mich entschieden, es auszuprobieren. Als ich mit unserem Gebäudereinigermeister das erste Mal in einer 4. oder 5. Klasse war, war ich sehr davon angetan, wie interessiert die Kinder sind. Wir haben auch einen ganz praktischen Weg eingeschlagen. Zeigten den Kindern, wie man Fenster reinigt, und haben sie selbst die Fenster ihres Klassenzimmers reinigen lassen. Das fanden sie toll und wir sind in gute Gespräche gekommen.
Seither bin ich davon überzeugt, dass es ein sinnvoller Weg ist, schon Grundschulkindern Berufe vorzustellen.
Handwerksberufe sind bei vielen jungen Menschen unbeliebt. Wenn wir wollen, dass auch in Zukunft jemand den Wasserhahn repariert, den Lichtschalter wechselt oder fachgerecht reinigt, dann brauchen wir Menschen, die diese Berufe erlernen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit den „Kleinen“ in den Berufe-Stunden gemacht?
Für mich ist die Reaktion der Kinder auf den Beruf Gebäudereiniger*in, immer wieder positiv überraschend. In so einer Berufe-Stunde werden drei oder vier Berufe vorgestellt. In meiner ersten Berufe-Stunde waren da ein Versicherungsexperte, ein Pflegedienst und wir als Gebäudereinigungsservice in der Schule. Erst dachte ich, oje, wie kommen wir da weg? Aber auf Nachfrage in der Schlussrunde, fanden die Kleinen, dass Fenster reinigen toll ist und Spaß macht.
In einem der Gespräche fragte ich die Kinder, was ihnen am besten in der Schule gefällt und was ihnen missfällt. Die Kinder fanden vieles toll in ihrer Schule, aber sie waren sich darüber einig, dass ihre Schule ziemlich dreckig ist. Ich war erstaunt darüber, dass sie das so klar gesehen haben.
Und damit streifen wir ein ganz anderes Thema. Wenn wir unseren Kindern und den Lehrer*innen ein Umfeld liefern, in dem sie viel Zeit verbringen, sich aber nicht wohl fühlen, dann läuft einiges ziemlich verkehrt.
Gebäudereinigung ist ein Handwerksberuf. Ist das allgemein bekannt? Und wie steht es mit dem Image des Berufes?
Gebäudereiniger*in ist ein Ausbildungsberuf, in dem es vieles zu lernen gibt. Gerade in der Sonderreinigung ist Fachwissen unabdingbar. Das Image ist leider nicht so gut. Dabei ist der Beruf zukunftssicher und bietet eine Vielzahl von Entwicklungsmöglichkeiten. Auch die Bezahlung nach Tarif ist heutzutage ordentlich.
Aber für mich ist es auch eine Frage der Sinnstiftung. Wie schauen wir in unserer Gesellschaft auf verschiedene Berufsgruppen? Wie wertschätzen wir, was jede*r tut? Und warum wird nicht erkannt, was los wäre, wenn es keine Gebäudereiniger*innen gäbe? Unterm Strich ist Gebäudereinigung eine sehr sinnhafte Tätigkeit, denn kein Mensch fühlt sich in einer verschmutzten Umgebung wohl.
Dass das Image nicht gut ist, liegt auch daran, dass die Menschen und die Arbeit, die sie tun, nicht gesehen werden. Kund*innen sind es gewöhnt, dass sie ein verschmutztes Objekt verlassen und dass dieses gereinigt ist, wenn sie am nächsten Tag wiederkommen. Wir arbeiten meistens im Verborgenen und somit wird nicht gesehen, auch nicht wertgeschätzt, was dahintersteckt. Sowohl fachlich als auch menschlich.
Aus diesem Grund sind wir starke Vertreter*innen für die Idee, die Tagesreinigung auszubauen. In Skandinavien zum Beispiel werden fast 80% der Reinigungsleistungen am Tag ausgeführt. Kein Vergleich mit Deutschland.
Hier wurden die Vorteile der Tagesreinigung noch nicht erkannt: Die Reinigungskraft ist im Haus. Der/ die Kund*in kann direkt in Kontakt treten, falls mal etwas nicht in Ordnung sein sollte. Das ist eine vollkommen andere Beziehung. Das ist dann nicht die anonyme Reinigungskraft, sondern die Person hat einen Namen und jede*r kennt sie/ ihn.
Ein weiterer Aspekt: viele können den Job aufgrund der Arbeitszeiten nicht machen, selbst wenn sie es wollten. Gerade für junge Eltern ist dieser Job nicht geeignet, wenn sie kleine Kinder haben. Wäre der Arbeitstag ganz normal, von 7 bis 15 Uhr, könnten sie ihre Kinder in die Kita oder Schule bringen und danach zur Arbeit gehen. Viele Interessierte signalisieren uns, dass sie beispielsweise gerne vier Stunden arbeiten würden. Aber nicht früh und nicht am Abend, weil sie sich um ihre Kinder kümmern. Tagesreinigung würde den Personalmangel entspannen und dem Image einen echten Aufschwung bringen.
Ist Ihr Engagement bei Berliner Schulpate Teil Ihrer Strategie zur Nachwuchs-Akquise?
Ganz klar: ja. Wir haben zwei Wege eingeschlagen: Zum einen unterstützen wir Berliner Schulpate, besuchen Kinder in Grundschulen und erzählen über unseren Beruf. Zum anderen sprechen wir, in Zusammenarbeit mit dem Marzahn-Hellersdorfer Wirtschaftskreis, mit Schüler*innen der 9. und 10. Klassen, die vor Beginn einer Ausbildung stehen, über ihre beruflichen Vorstellungen und die Möglichkeiten, die man als Gebäudereiniger*in heutzutage hat. Beide Wege finde ich wichtig.
Sie als unser „Botschafter“ heute, was denken sie, braucht Berlin, damit es mit dem „Nachwuchs“ klappt, Azubis sich für einen Beruf interessieren und eine Ausbildung erfolgreich abschließen?
Egal, um welchen Beruf es sich handelt und welches Image der Beruf hat: Am wichtigsten ist es mir, dass wir unseren Kindern vermitteln, dass Handwerksberufe sinnvoll sind und Perspektiven bieten.
Ansonsten benötigt es in erster Linie interessierte Schulabgänger*innen und engagierte Ausbildungsbetriebe. Eine saubere Berufsschule ist ebenfalls sinnvoll.
Das Interview führte Petra Wermke von Berliner Schulpate